Lebensräume für den Raubwürger – Schutz einer seltenen Art in der Eifel

Ein Schutzprojekt in Vorbereitung – gemeinsam Lebensräume sichern

Der Raubwürger (Lanius excubitor) ist ein faszinierender Vogel der offenen und halboffenen Landschaften – kaum größer als eine Amsel, mit grauer Oberseite, weißer Unterseite und der typischen schwarzen „Zorro-Maske“. Früher war er vielerorts in Rheinland-Pfalz verbreitet, heute steht er unmittelbar vor dem Aussterben. Nur noch rund ein Dutzend Brutpaare leben in der Eifel, vor allem in den Landkreisen Ahrweiler, Mayen-Koblenz, Vulkaneifel und Bitburg-Prüm. Viele der bekannten Brutpaare brüten derzeit auf sogenannten Kalamitätsflächen im Wald – also auf temporär offenen Bereichen, die durch Windwurf, Dürre oder Borkenkäferbefall entstanden sind. Diese Flächen sind nur für wenige Jahre geeignet, da sie sich allmählich wieder bewalden. Damit droht der Raubwürger auch aus Rheinland-Pfalz zu verschwinden – wenn jetzt keine gezielten Schutzmaßnahmen ergriffen werden.

Kontakt

Sarah Rossi
06131 - 16 5580

Diether-von-Isenburg-Str. 7
55116 Mainz
sarah.rossi@snu.rlp.de

Aktuell: Flächensuche für die Umsetzung geplanter Maßnahmen

Das Artenschutzprojekt wurde von der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz (SNU) gemeinsam mit der Gesellschaft für Naturschutz und Ornithologie Rheinland-Pfalz (GNOR e. V.) konzipiert. Ziel des Vorhabens ist es, die letzten Brutvorkommen dieser in Rheinland-Pfalz vom Aussterben bedrohten Vogelart zu sichern und durch gezielte Maßnahmen geeignete Lebensräume in ihrem Umfeld zu entwickeln und zu vernetzen. Das Projekt wird über Maßnahmen aus Ersatzzahlungen (EZG) finanziert und ist auf einen Zeitraum von 15 Jahren angelegt. Derzeit liegt der Schwerpunkt auf der Suche nach geeigneten Flächen, auf denen konkrete Lebensraummaßnahmen umgesetzt werden können. Gesucht werden insbesondere Grünland-, Weide- oder Brachflächen, die sich für Maßnahmen wie Heckenpflanzungen, Sitzwarten, Altgrasstreifen oder extensives Grünlandmanagement eignen. Die Maßnahmen werden von der SNU fachlich begleitet und sind für Eigentümer und Eigentümerinnen kostenfrei.

Was sind Ersatzzahlungen?

Immer dann, wenn Eingriffe (z. B. Bau- oder Infrastrukturvorhaben wie Windenergieanlagen oder Funkmasten) in Natur und Landschaft aus Sicht des Naturschutzes nicht vollständig ausgeglichen oder ersetzt werden können, kann dem Verursacher des Eingriffs  durch die Genehmigungsbehörde eine Ersatzzahlung als sogenannte „Sonderabgabe“ auferlegt werden. Diese Mittel werden vom Land Rheinland-Pfalz zweckgebunden für natur- und artenschutzfachliche Projekte eingesetzt. Das geplante Raubwürger-Projekt nutzt diese Gelder, um Lebensräume wiederherzustellen, die der Art langfristig zugutekommen. Ein bewilligtes Projekt aus Ersatzzahlungen wird in der Regel über 15 Jahre gefördert – inklusive Umsetzung, Entwicklung, Pflege und Erfolgskontrolle. Weiterführende Informationen zu Grundlagen und möglicher Verwendung von Ersatzzahlungen finden Sie hier: https://snu.rlp.de/foerderungen/massnahmen-aus-ersatzzahlungen

Lebensweise und ökologische Bedeutung des Raubwürgers

Der Raubwürger ist ein typischer Ansitzjäger. Von erhöhten Warten – etwa auf Sträuchern, Zaunpfählen oder einzelnen Bäumen – erspäht er seine Beute am Boden. Er jagt vor allem Kleinsäuger (z. B. Wühlmäuse) und Großinsekten wie Heuschrecken, Käfer oder Hummeln, gelegentlich auch kleine Vögel.
Eine Besonderheit: Er spießt größere Beutetiere oft auf Dornen oder spitze Zweige, um sie zu fixieren und später zu fressen – daher die Bezeichnung „Würger“.

Raubwürger sind territorial und standorttreu. Paare besetzen feste Reviere und leben meist monogam. Ist ein Partner erfolgreich, bleibt das Paar häufig über mehrere Jahre zusammen und kehrt in dasselbe Brutgebiet zurück.

Die Brutzeit beginnt in der Regel im April oder Mai. Das Nest wird gut verborgen in dichten Dornbüschen – oft Weißdorn, Schlehe oder Heckenrose – gebaut. Das Weibchen legt 4 bis 7 Eier, die es etwa zwei Wochen lang bebrütet. Während dieser Zeit versorgt das Männchen seine Partnerin mit Nahrung.

Nach dem Schlüpfen füttern beide Eltern die Jungen intensiv mit Insekten und kleinen Wirbeltieren. Etwa drei Wochen nach dem Schlüpfen fliegen die Jungvögel aus, werden aber noch eine Zeit lang von den Eltern betreut. Jungvögel lernen in dieser Phase das Jagen durch Nachahmung – vor allem, wie sie Warten nutzen und Beute fixieren.

Raubwürger bevorzugen offene bis halboffene Landschaften mit einem Wechsel aus kurzrasigen Flächen, Hecken, Einzelbäumen und Brachstreifen. Wichtig sind Strukturen, die Sicht und Deckung zugleich bieten – also Heckenreihen, Altgrasstreifen und kleine Baumgruppen.
In Rheinland-Pfalz sind sie derzeit fast ausschließlich in der Eifel anzutreffen, oft auf vorübergehend offenen Waldflächen (z. B. Windwurfflächen). Langfristig braucht die Art jedoch wieder artenreiche Kulturlandschaften – extensives Grünland mit Strukturvielfalt und Störungsarmut.

Der Raubwürger gilt als Leitart halboffener Kulturlandschaften. Schutzmaßnahmen für ihn fördern zugleich viele weitere Arten, etwa Neuntöter, Braunkehlchen, Wiesenpieper, Schmetterlinge und Wildbienen.
Sein Rückgang steht sinnbildlich für den Verlust strukturreicher Agrarlandschaften – ihn zu schützen bedeutet, eine ganze Lebensgemeinschaft zu erhalten.

Geplante Maßnahmen

Im Rahmen des Projekts sollen – auf Basis der Erkenntnisse der Staatlichen Vogelschutzwarte Rheinland-Pfalz – u. a. folgende Maßnahmen entwickelt und umgesetzt werden:

  • Erhalt und Neupflanzung von Hecken, Buschinseln und Einzelbäumen,
  • Schaffung offener Bereiche mit kurzrasiger Vegetation zur Nahrungssuche,
  • Pflege bestehender Strukturen durch gezielten Rückschnitt,
  • Einrichtung von Sitzwarten,
  • Extensive Bewirtschaftung von Grünland (z. B. Schafbeweidung, gestaffelte Mahd, Altgrasstreifen),
  • Störungslenkung in sensiblen Brutgebieten,
  • und ein begleitendes Monitoring der Brutpaare und Lebensräume.

Beitragsreihe

Parallel zur Projektentwicklung startet Winter 2025 die Beitragsreihe „Lebensräume für den Raubwürger – Schutz einer seltenen Art in der Eifel“.
In mehreren Teilen werden die Biologie der Art, ihr Lebensraum, Ursachen des Rückgangs sowie die geplanten und umgesetzten Maßnahmen vorgestellt.

Die Beiträge erscheinen fortlaufend in regionalen Mitteilungsblättern, Lokalmedien und auf der Website der Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz.
Ziel ist es, über den Raubwürger und seine Lebensräume zu informieren, Verständnis für Artenschutz zu fördern und weitere Flächeneigentümer und -eigentümerinnen für die Umsetzung von Maßnahmen zu gewinnen.

Kommende Beiträge:
Teil 1 - Alarmstufe Rot für den Raubwürger in der Eifel
Teil 2 - Hecken, Weiden, Sitzwarten – ein Lebensraum wie ein Puzzle
Teil 3 - Fünf Maßnahmen, ein Ziel: mehr Jungvögel
Teil 4 – Ihre Fläche hilft! So geht’s – schnell erklärt
Teil 5- Ersatzzahlungen wirken: Der Natur Gutes tun. 
Teil 6 - Zählen, schützen, vernetzen: Unser Weg zur stabilen Population

(Die Links werden ergänzt, sobald die jeweiligen Beiträge veröffentlicht sind.)