Das Luchs-Parlament im Pfälzerwald
Eine erfolgreiche Wiederansiedlung des Luchses kann nur bei ausreichender Akzeptanz in der Bevölkerung gelingen. Nach rund 200-jähriger Abwesenheit einer Luchspopulation in Rheinland-Pfalz sind es vor allem Jäger:innen und die Halter:innen von Nutztieren (Schafe, Ziegen, Gatterwild), die sich aufgrund ihrer möglichen persönlichen Betroffenheit viele Fragen zu einer Rückkehr des großen Beutegreifers stellen. Im LIFE Projekt wurde daher ein interessens- und grenzüberschreitender Projektbeirat, das sogenannte Luchs-Parlament bereits vor den ersten Luchs-Umsiedlungen eingerichtet.
Hier kommen Vertreter aller am Thema Luchs beteiligten Interessensgruppen und von Behörden, Kommunen und Institutionen aus der Region zusammen. Neben den Aspekten Jagd und Tierhaltung kommen auch viele andere Themenfelder wie Naturschutz, Forst, Straßenbau, Tierschutz und Tourismus zur Sprache. Gemeinsam wird über zu erwartende oder befürchtete Auswirkungen der Wiederansiedlung gesprochen, die sinnvolle Gestaltung von Herdenschutz und Kompensationsmaßnahmen diskutiert und möglicher Forschungsbedarf ermittelt. Konkrete, praktische Fragen bei der Wiederansiedlung werden erörtert, bestehende Regelungen und Abläufe anhand der aktuellen Geschehnisse immer wieder überprüft und bei Bedarf angepasst. Auch das Potential der Tierart Luchs bzw. des Wiederansiedlungsprojektes für die Region, den Tourismus und die Natur im Biosphärenreservat werden gemeinsam ausgelotet.
Das Luchs-Parlament hat sich auch aktiv in die Ausgestaltung eines umfassenden Managementplans für den Umgang mit Luchsen in Rheinland-Pfalz eingebracht, der vom Land vor der Freilassung der ersten Luchse vom Land verabschiedet wurde.
Der direkte Informationsaustausch und die partizipativen Prozesse im Luchs-Parlament bewirken einen Vertrauensaufbau, eine Wertschätzung und ein besseres Verständnis zwischen den Beteiligten und damit auch eine Akzeptanzsteigerung bezüglich des Luchses. Es handelt sich dabei um einen Entwicklungsprozess, der nicht selbstverständlich ist und daher beständiger Aufmerksamkeit bedarf. Um zu gemeinsam getragenen Ergebnissen und Entscheidungen zu kommen, wird der Prozess durch eine extern beauftragte Moderation begleitet.
Zum Ende des LIFE-Projektes im September 2021 haben die beteiligten Interessensverbände eine Resolution zur Fortsetzung der gemeinsamen Arbeit entwickelt.Die guten Erfahrungen aus dem Luchsparlament zeigen, dass auch nach Projektende der regional und praxisnah orientierte Beteiligungsprozess weitergeführt werden sollte, um eine einvernehmliche Begleitung der Rückkehr des Luchses nach Rheinland-Pfalz zu gewährleisten.
Auch auf französischer Seite gibt es für den Bereich der Nordvogesen, die mit dem Pfälzerwald ein grenzüberschreitendes Biosphärenreservat bilden, ein Luchs-Parlament. Einmal im Jahr findet ein gemeinsames deutsch-französisches Parlament statt, um die Prozesse in beiden Regionen aufeinander abzustimmen und Erfahrungen auszutauschen. Das gegenseitige Verständnis wird mit Hilfe einer Simultanübersetzung gewährleistet. So wurde gemeinsam eine deutsch- französische Resolution zur Schaffung von Querungshilfen an den Verkehrstrassen des grenzüberschreitenden Biosphärenreservates Pfälzerwald-Nordvogesen erarbeitet, um den Biotopverbund zu verbessern.