Pflanzen für den Artenschutz

SNU und NABU Hundsangen stärken bei einer gemeinsamen Pflanzaktion die Population des Großen Wiesenknopfs zum Schutz gefährdeter Schmetterlinge

Stellen Sie sich vor Sie sind ein Schmetterling und ihr ganzes Leben hängt von einer einzigen Pflanzenart ab. Sie können nur den Nektar dieser Pflanze trinken und können auch Ihre Eier nur hier ablegen. Ihre Nachkommen als Raupen fressen ebenfalls ausschließlich an dieser Pflanze und sind zusätzlich vom Vorkommen bestimmter Ameisenarten abhängig. Ganz schön eingeschränkt, oder?

So geht es den beiden Schmetterlingsarten Heller und Dunkler Wiesenknopf-Ameisenbläuling, deren Überleben an das Vorkommen gleich mehrerer Wirtsarten gebunden ist. Der Große Wiesenknopf (Blume des Jahres 2021) bietet den erwachsenen Faltern Nahrung sowie einen Ruhe-, Paarungs- und Eiablageplatz und auch die Raupen ernähren sich in den ersten Wochen ausschließlich von der Blüte des Wiesenknopfs. Später ziehen die Raupen zur Überwinterung in ein Ameisennest um, müssen dafür aber erst einmal von bestimmten Ameisen gefunden und „adoptiert“ werden. Da die Wiesenknopf-Bestände zurückgehen, nicht zur rechten Zeit blühen oder die richtigen Ameisen nicht (mehr) vorkommen, ist das Überleben der beiden Falterarten gefährdet.

Um dem entgegenzuwirken, haben der NABU Hundsangen und die Stiftung Natur und Umwelt Rheinland-Pfalz (SNU) am vergangenen Freitag gemeinsam eine Pflanzaktion durchgeführt. In Hundsangen konnte der Dunkle Wiesenknopf-Ameisenbläuling im letzten Sommer auf einer Fläche mit geringem Wiesenknopf-Bestand nachgewiesen werden, weshalb die Pflanzen-Population durch die Aktion von NABU und SNU gestärkt wurde. 8 Freiwillige, ausgerüstet mit Setzlingen, Pflanzmessern und Gießkannen, konnten innerhalb von einer Stunde mehr als 70 Pflanzen in die Erde bringen.

Marcel Weidenfeller, Vorsitzender der NABU Gruppe Hundsangen und Eigentümer der bepflanzten Fläche ist begeistert: „Trotz meiner schon über 30-jährigen Arbeit für den NABU hier vor Ort, freue ich mich bei jeder Aktion aufs Neue, wenn wir etwas für die Natur erreichen können.“ und weiter „Da ist es für mich selbstverständlich, dass ich auch ganz persönlich mit meiner Fläche einen Beitrag für die Artenvielfalt leiste.“ Die Fläche wurde bereits in den vergangenen Jahren vom NABU zu einem Mosaik verschiedener Kleinstlebensräume für Arten wie Wildbienen und Amphibien eingerichtet.

Organisiert wurde die Aktion vom Artenschutzprojekt Wiesenknopf-Ameisenbläulinge der SNU. Das Projekt ist seit 2020 in den Landkreisen Ahrweiler, Altenkirchen, Neuwied und im Westerwaldkreis aktiv um die gefährdeten Falter ausfindig zu machen und ihre Lebensumstände zu verbessern. Dabei liegt ein Schwerpunkt des Projektes auf der Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft.

„Ohne die Unterstützung der Landwirtschaft könnten wir das Projekt nicht durchführen. Wir sind sehr dankbar, dass wir einige Landwirt:innen für das Projekt gewinnen konnten.“ so Leah Nebel, Projektleitung des Artenschutzprojektes. Die Landwirt:innen passen dabei ihre Flächennutzung so an, dass die Schmetterlingspopulationen überleben können. Dafür nehmen sie Nutzungseinschränkungen in Kauf, die über Projektmittel finanziell ausgeglichen werden. „Wir wissen, dass wir mit unseren Einschränkungen viel verlangen. Daher sind besonders kleine Flächen wichtig, die oft einfacher erübrigt werden können.“ führt Nebel aus. Da die Schmetterlinge auch auf kleinen Flächen gute Populationen bilden können, reichen bereits Randstreifen, kleinere ungenutzte oder weniger ertragreiche Bereiche aus. Hauptsache der Große Wiesenknopf und die Ameisen sind ausreichend vorhanden. So wie jetzt auch auf der Fläche bei Hundsangen, die mit knapp 5.000 m² zu den größeren Flächen im Projekt gehört. „Wenn die neuen Pflanzen in den kommenden Jahren blühen, kann die Fläche mehr Schmetterlingen einen Lebensraum bieten. Und auch andere Insektenarten können von dem zusätzlichen Nahrungsangebot profitieren.“ freut sich Linda Müller, ebenfalls Mitarbeiterin im Artenschutzprojekt der SNU.

Wer jetzt Lust bekommen hat, die Schmetterlinge und ihre Wirtspflanze in echt zu sehen, kann an einer der geplanten Projektveranstaltungen teilnehmen oder im Herbst beim Pflanzen oder Saatgut sammeln helfen: https://snu.rlp.de/de/projekte/wiesenknopf-ameisenblaeulinge

Hintergrund:

Die Förderung des Artenschutzprojektes erfolgt über EU- und Landesmittel aus dem ELER-Förderprogramm „Entwicklungsprogramm EULLE“.

Das Projekt verfolgt einen kooperativen Ansatz, wobei der Fokus auf der Zusammenarbeit mit der Landwirtschaft liegt.

Mit einem Budget von ca. 1,2 Mio. € sollen im Norden von Rheinland-Pfalz zahlreiche Habitate für die Schmetterlinge verbessert oder wiederhergestellt werden. Die noch vorhandenen Populationen sollen ausfindig gemacht und langfristig gesichert werden. Begleitet wird das Projekt durch Öffentlichkeitsarbeit und Umweltbildung. Bis Sommer 2023 sollen bis zu 200 ha Flächen in geeignete Habitate mit einer angepassten Nutzung überführt werden.

Fast zeitgleich startete im Nachbarland Nordrhein-Westfalen ein ähnliches Projekt in den Landkreisen Euskirchen und Rhein-Sieg-Kreis. Besonders grenzübergreifende Populationen werden von der engen Zusammenarbeit der beiden Projekte profitieren können. Das NRW-Projekt wird federführend von der Biologischen Station im Rhein-Sieg-Kreis e.V. für die beiden Biologischen Stationen der beteiligten Kreise durchgeführt.